
Walsroder Zeitung vom 06.11.2014: "SPD will Bürger ins Boot holen Haushaltsmisere: Harter Sparkurs erforderlich. Workshop und Online-Umfrage."
Die finanzielle Situation der Gemeinde Bomlitz ist so angespannt wie noch nie. In diesem Haushaltsjahr fehlen drei Millionen Euro zur Finanzierung der laufenden Kosten, im nächsten Jahr wird sich die Situation kaum entspannen. Eine Konsolidierung des Haushalts ist mit einfachen Mitteln nicht mehr möglich – selbst Einsparungen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens werden nicht zu einem Haushaltsausgleich führen. Deshalb will die Mehrheitsfraktion der SPD jetzt neue Wege gehen, um bei einem drastischen Entscheidungs- und Einsparprozess die Bürger mit ins Boot zu holen. Geplant sind ein Workshop und eine Online-Umfrage, bei denen die Bürger ihr ganz persönliches Sparpaket schnüren können.
Seit Wochen befassen sich die Kommunalpolitiker mit der Haushaltsmisere, die durch ungewöhnliche Einnahmeausfälle bei der Gewerbesteuer zustande gekommen ist. „Ziel kann es nicht sein, durch Kürzungen einen Haushaltsausgleich hinzukommen. Die Streichung aller freiwilligen Leistungen würde bei weitem nicht ausreichen, das Defizit auszugleichen“, so Fraktionschef Torsten Kleiber. Vielmehr müsse die Gemeinde so strukturiert werden, dass sie bei zukünftig zu erwartenden Steuereinnahmen finanzierbar bleibe. Das gehe nur durch Beschneidung von Leistungen in allen Bereichen. „Dazu müssen wir die Bürger um ihre Meinung fragen und um Mithilfe bitten. Wir werden für Entscheidungen nur auf Verständnis stoßen, wenn möglichst viele Bürger beteiligt werden“, so Kleibers Fraktionskollegen Sebastian Zinke, Vera Kremer und Andreas Glück.
Da die SPD-Fraktion diesen Bürger-Beteiligungsprozess abwarten will, möchte sie sich auch noch nicht über eigene Ideen zur Haushaltssanierung äußern. Fakt ist allerdings, dass seit Wochen eigene Vorschläge gesammelt werden, „welche das sind und später umgesetzt werden, ist noch völlig offen“, so Kleiber. Der Kinderbetreuungsbereich trägt durch ein Defizit von 1,3 Millionen Euro zu dem Riesenloch im Haushalt bei. Die Auflösung des Kindergartens in Uetzingen ist schon seit längerem beschlossene Sache – Einspar potenzial: 80.000 Euro. Ob die Gemeinde zukünftig auf Integration in den Kindergärten verzichtet, weil auf diese Weise größere und deshalb weniger Gruppen entstehen, ist zweifelhaft. Im Zeitalter der Inklusion wäre das mehr als ein Schritt zurück. Ebenso bestünde die Möglichkeit, eine von drei Krippen zu schließen – eine Maßnahme, die aber in der Bevölkerung nur schwer zu vermitteln wäre. Die Zusammenlegung der beiden Grundschulen in Benefeld und Bomlitz wird sicherlich diskutiert werden müssen. In diesem Zusammenhang soll möglicherweise ein Gutachten Aufschlüsse über Einsparpotenzial geben.
Im Bereich der Sozialarbeit wird sich die SPD besonders schwer tun, auch nur eine von drei Vollzeitstellen zu streichen. Die besondere Situation als Industriegemeinde erfordert den verstärkten Einsatz im Sozialbereich. Und auch das geliebte Waldbad wird auf den Prüfstand kommen – ob es gleich die Schließung ist, die man diskutiert, oder zunächst die Verkürzung der Öffnungsphasen und -zeiten, ist noch offen. Das Einsparpotenzial läge bei etwa 350.000 Euro. Im Personalbereich wird man sich auch üb erlegen müssen, ob in den verschiedenen Bereichen wie Verwaltung, Bauhof oder Reinigung reduziert oder Arbeitszeiten gekürzt werden können.
Auch wenn es nur ein kleiner Posten ist, so scheint sich die Gemeinde aber aus dem gemeinsamen Leaderprozess mit den Nachbarkommunen verabschieden zu wollen. „Wir haben in der Fraktion beschlossen, natürlich auch die Kosten der Zusammenarbeit der drei Kommunen im Leaderprogramm und anderen Bereichen zu prüfen“, so Kleiber. Bei Leader teilen sich die Kommunen die allgemeinen Projektkosten. Das sind für die Gemeinde Bomlitz 7000 Euro jährlich. „Da wir in den nächsten Jahren keine großen Projekte kofinanzieren können, macht eine Mitgliedschaft bei Leader eigentlich keinen Sinn.“
Der Terminplan für die Bürgerbeteiligung bei der Haushaltskonsolidierung sieht einen Workshop für alle Bürger am 22. November, 15 Uhr im Rosmarin und Thymian vor. Anschließend soll bis Mitte Dezember eine Online-Umfrage gestartet werden. „Wir hoffen, dass sich möglichst viele Bürger beteiligen, einen finanzierbaren Weg für die Zukunft zu f inden“, so die SPD-Sprecher.