Heidekreis will nur um 2 %-Punkte Kreisumlage entlasten

Die Heidekreis-Kommunen haben durchweg Probleme, ihre Haushalte auszugleichen. Die Gemeinde Bomlitz z.B. erwartet für 2014 ein Defizit von ca. 2,5 Mill. EUR - in erster Linie verursacht durch geringere Steuereinnahmen und dennoch hohe Landkreis-Umlagen. Der Heidekreis dagegen plant für das kommende Jahr zwar einen Überschuss von rund 10 Mill. EUR im Haushalt, drückt den Kommunen aber eine Kreisumlage auf, die zu den höchsten in Niedersachsen gehört. Ein Interview mit Bürgermeister Michael Lebid.

 Walsroder Zeitung vom 07.11.2013:
"Das hat mit kommunaler Familie nichts zu tun". WZ-Gespräch mit dem Bomlitzer Bürgermeister Michael Lebid zur Kontroverse mit dem Landkreis.

Nach den klaren Aussagen des Landrats und den Ergebnissen der Klausurtagung der SPD-Kreistagsfraktion scheint es sicher zu sein: Die Städte und Gemeinden werden mit ihrer Forderung nach einer Senkung der Kreisumlage um drei Punkte (rund 3,2 Millionen Euro) sowie einer 25-prozentigen Beteiligung des Landkreises an den laufenden Kosten der Kindertagesstätten (rund 6,8 Millionen Euro) scheitern. Das hat zu einem unterschiedlichen Echo in den betroffenen Städten und Gemeinden und noch zu gar keinem des Städte- und Gemeindebundes geführt. Einer, der die Haltung des Landkreises als Affront ansieht, ist der Bomlitzer Bürgermeister Michael Lebid. Mit ihm sprach die WZ-Redaktion.

WZ: Sie haben gemeinsam mit Ihren Soltauer und Walsroder Bürgermeisterkollegen die jüngste Runde der Hauptverwaltungsbeamten beim Landrat frühzeitig verlassen. Hatten Sie andere Termine oder war das ein Zeichen der Verärgerung?

Michael Lebid: Das war ein deutliches Zeichen der Verärgerung. Es gab mehrere Treffen zum Thema. Wir haben dem Landkreis angeboten, eine Verhandlungskommission zu bilden, die sich mit den Themen Kreisumlage und Beteiligung an den Kosten der Kindertagesstätten befasst und Entscheidungsgrundlagen erarbeitet. Wenn man in der Sitzung dann vom Landrat gesagt bekommt, die Kreisumlage werde um zwei Punkte gesenkt, über alles andere werde nicht geredet, wenn dann aber gleichzeitig über die kommunale Familie schwadroniert wird, dann ist das eine Kette von Ereignissen, die nicht zur Erheiterung beiträgt.

WZ: Haben Sie schon häufiger Sitzungen unter Protest verlassen?

Michael Lebid: Nein, normalerweise macht man das nicht. Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein und über die Sache diskutieren. Aber diese Diskussionsmöglichkeit hat es hier nicht gegeben.

WZ: Der Landkreis will die Kreisumlage um 2 Prozentpunkte senken. Wie bewerten Sie das, und was bedeutet das für Bomlitz?

Michael Lebid: Angesichts der aktuellen Haushaltszahlen des Landkreises und des finanziellen Desasters, in dem die Kommunen stecken, ist das einfach zu wenig. Wenn man von der kommunalen Familie spricht, kann es nicht sein, dass der Landkreis bis 2017 die Hälfte seiner Schulden abbauen will und die Städte und Gemeinden neue Schulden aufbauen. Das hat mit kommunaler Familie nichts zu tun. Die Senkung der Kreisumlage ist seit Jahren überfällig und müsste deutlich höher ausfallen.

WZ: Die SPD-Kreistagsfraktion sieht das offenbar anders. Fühlen Sie sich als SPD-Bürgermeister von den eigenen Genossen allein gelassen?

Michael Lebid: Das ist so.

WZ: Müssen sich einige Kommunen nicht fragen lassen, ob sie jetzt über hohe Kosten für die Kindertagesstätten stöhnen, weil sie in eine Ausstattung investiert haben, die deutlich über dem Normalmaß liegt?

Michael Lebid: Sicherlich machen wir in Bomlitz in diesem Bereich deutlich mehr als andere. Aber was ist denn das normale Maß? Wir liegen mit unseren Kindergartengebühren nicht außergewöhnlich niedrig, bieten auch kein Schickimicki an. Wir bieten das an, was als Aufgabe von Bund, Land und auch Landkreis vorgegeben ist. Wir haben dabei viel im integrativen Bereich investiert. Wenn ich diesen Bereich ernst nehme, gibt es keine Billiglösung.

WZ: Der Landkreis beruft sich auf den geltenden Vertrag zwischen Kreis und Kommunen.

Michael Lebid: Dass er sich auf einen geltenden Vertrag beruft, ist legitim. Aber dann muss er damit rechnen, dass so ein Vertrag auch gekündigt werden kann.

WZ: Genau das hat die Stadt Soltau vor. Werden SIe das ihrem Rat auch vorschlagen, wenn es keine Einigung gibt?

Michael Lebid: Wir werden sicherlich im Rat darüber reden. Es gibt im übrigen keine Kommune, di diese Aufgaben nicht erfüllen möchte. Es ist auch sinnvoll, wenn solche Aufgaben direkt beim Bürger erledigt werden. Eine Kündigung kann bewirken, dass man über neue Inhalte spricht.

WZ: Der Städte- und Gemeindebund hat bei der Vorstellung seiner Forderungen darauf hingewiesen, dass er den Vertrag nicht kündigen will. Hat das die Forderung nicht gleich weich gespült?

Michael Lebid: Wenn man die Kosten der Kommunen für die Kindertagesstätten der Kreisumlage zurechnet, würde die bei 68 Prozentpunkten liegen. Unser taktischer Vorteil besteht darin, dass wir wegen einer so hohen Umlage dann auch mal um Staatsgerichtshof nach Bückeburg ziehen könnten. So etwas geschieht, wenn die Kreisumlage so hoch ist, dass für die eigenen Aufgaben nichts mehr übrig bleibt.

WZ: Sind denn alle Kommunen gleichermaßen von den steigenden Kosten für die Kindertagesstätten betroffen?

Michael Lebid: Das trifft auf alle zu. Der kommunale Anteil an einer Krippengruppe liegt zwischen 40.000 und 50.000 Euro. Angesichts rückläufiger Kinderzahlen konnten in der Vergangenheit Kostensteigerungen durch die Schließung von einzelnen Gruppen aufgefangen werden. Aber jetzt kippt das System. Es geht nichtmehr um Kindergartenkinder zwischen drei und fünf Jahren, sondern heute um eine garantierte Betreuung der Kinder von null bis fünf Jahren. Das ist ein gewaltiger Happen mehr.

WZ: Wie haben sich die Kosten in Bomltz entwickelt? Über wie viel Geld vom Landkreis Heidekreis reden wir?

Michael Lebid: DIe Kommunen fordern eine 25-prozentige Beteiligung des Landkreises. Das wären rund sechs Millionen Euro. Für Bomlitz ginge es um rund 300.000 Euro. Natürlich hat niemand die Erwartung gehabt, dass der Landkreis alle unsere Forderungen erfüllt. Aber wir haben ein deutliches Signal für einen fairen Ausgleich in gewissen Schritten erwartet.

WZ: Was bedeutet die Senkung der Kreisumlage für Bomlitz?

Michael Lebid: Zwei Punkte bedeuten 80.000 Euro. Das reicht noch nicht einmal, um die Landkreisaufgabe beim Ausbau des Radweges nach Ebbingen zu decken. Da müssen wir 90.000 Euro zahlen.

WZ: Der Landrat hat erklärt, eine Vertragsauflösung und Übernahme der Aufgabe durch den Landkreis würde dazu führen, dass alle Kindertagsstätten dann gleiche Standards hätten. Sehen Sie das als Drohung?

Michael Lebid: Dazu sage ich nichts. Ich erinnere nur an den Vortrag des Landrats bei der Bildungskonferenz, wo er in einer netten Folienserie gezeigt hat, wie wichtig es ist, in den frühkindlichen Bereich zu investieren und wo er die Kommunen animiert hat, in Qualität zu investieren. Entweder ist das nur Gesülze, oder der Landkreis müsste diese Investitionen selbst vornehmen, wenn er die Kindergärten übernimmt. Die fachliche Beratung des Landkreises brauchen wir nicht, wenn er selbst die Qualität nur will, solange sie von anderen bezahlt wird.

WZ: Glauben Sie noch an eine einvernehmliche Lösung?

Michael Lebid: Eine Lösung kann es geben, wenn es eine Verhandlungsbereitschaft seitens des Landkreises gibt und wir das Gefühl haben, ernst genommen zu werden. Ich weiß nicht, wie die andere Seite reagiert. Ich weiß aber, dass das Verhältnis zwischen Landkreis und Kommunen Schaden nimmt, wenn der Kreis wie bisher zeigt, dass es für ihn keine Basis der Zusammenarbeit gibt.