
Walsroder Zeitung vom 31.10.2012: Die Vögel sind viel bunter als zu Hause.
Regierungsvertreter aus Surinam sammeln praktische Erfahrungen im Weltvogelpark
Für viele Besucher des Weltvogelparks gehörten die vier Männer zu den rund 140 Mitarbeitern, die dort in der Saison arbeiten. Doch die Männer, deren Aussehen sie trotz ihres typisch grünen Vogelpark-Outfits anders sein ließ, haben einen ganz speziellen Auftrag erledigt. Sie sind Mitarbeiter der Regierung von Surinam, dort für Themen rund um Flora und Fauna zuständig. Zwei Monate waren sie im Rahmen eines internationalen Abkommens im Vogelpark tätig, um wichtige Einblicke und praktische Erfahrungen zu sammeln, die sie in ihrem südamerikanischen Heimatland umsetzen wollen.
Viel gelernt haben sie. Viel Neues gesehen. Da sind sich die vier einig, aber auch in einem anderen Punkt, der ihnen den Abschied von Vogelpark und neuen Kolleginnen und Kollegen nach zwei Monaten erleichtert: Zu Hause gebe es Sonnenschein und 30 Grad plus, nicht ein Grad minus.
Geer Scheres hat den Regierungsvertretern aus Surinam gemeinsam mit dem Bomlitzer Bürgermeister Michael Lebid am Montag kurz vor dem Abflug die offiziellen Zertifikate übergeben, die jedem in ihrem Heimatland dokumentieren, dass da vier Fachleute mit ganz viel neuem Wissen aus der Vogelpark-Region in Deutschland zurück in den Staat kommen, der im Süden an Brasilien grenzt und erst 1975 die volle Unabhängigkeit erhielt. Portugiesen, Franzosen und lange Zeit die Niederländer hatten den Staat als Kolonie verwaltet. Zucker, aber auch Edelmetalle wie Gold und Aluminium-Erz hatten das ehemalige Land von Indianerstämmen für die Kolonialherren interessant gemacht.
Heute leben rund 490.000 Menschen in Surinam. Über 340.000 mit surinamischen Wurzeln leben in den Niederlanden. Niederländisch ist bis heute die Amtssprache. In den großen Regenwäldern des Landes leben rund 730 verschiedene Vogelarten. Viele von ihnen werden noch heute weltweit exportiert. Surinam gehört zu den wenigen Staaten, denen das ausdrücklich per Gesetz gestattet ist. Und für viele Einwohner sind Vögel, die mittlerweile vom Aussterben bedroht sind, ein Leckerbissen auf dem Speiseplan.
Die Roten Sichler, die im Vogelpark zu den gefiederten Darstellern der Flugshow gehören, sind solche Tiere. „Unsere Idee ist, dass in Zukunft keine Vögel mehr aus den Regenwäldern exportiert werden, sondern Tiere aus der Zucht vor Ort. Darum haben wir das auf fünf Jahre laufende Abkommen mit der Regierung in Surinam abgeschlossen“, erläutert Geer Scheres die besondere Initiative des Weltvogelparks. Diese besondere Art der Entwicklungshilfe, die der Sicherung des natürlichen Bestandes in den Ländern dient, wird seit 2005 im Weltvogelpark praktiziert. Mittlerweile haben im Weltvogelpark 150 Teilnehmer aus neun verschiedenen Ländern viel über Vogelzucht und Vogelschutz gelernt, um es bei sich zu Hause im Sinne des Umweltschutzes anzuwenden.
Für die Männer aus Surinam haben die Wochen im Weltvogelpark viele Überraschungen gebracht. Ein ranghoher Mitarbeiter aus der Forstverwaltung erinnert sich noch an seine erste Aufgabe, als er in der Futterküche Obst für die Vögel klein schneiden musste. Ungewohnte Aufgaben für „Schreibtischtäter“. Sein Kollege hat schnell gesehen, dass die Vögel im Weltvogelpark viel mehr rumfliegen und vor allen Dingen viel bunter sind als die Vögel im Regenwald. Das spezielle Futter sei der Grund dafür.
Besonders fasziniert hat sie alle die Flugshow von German Alonso und seinem Team. Er habe gesehen, wie die Besucher im Vogelpark viel über die Tiere und die Umwelt lernen, ohne das wirklich als Lernen zu empfinden. Diese Art möchte er zu Hause anwenden, um seinen Landsleuten zu zeigen, wie wichtig der Umgang mit Natur und Umwelt ist. „Und ich möchte stoppen, dass weiterhin Rote Sichler gejagt und verzehrt werden“, formuliert er sein Ziel. Wie realistisch es ist? Er sei zuversichtlich und wolle es mit den neuen Erfahrungen aus dem Weltvogelpark auf jeden Fall versuchen.