
Die SPD-Fraktion hatte einen Antrag vorbereitet, den sie bereits mit den beiden Einzelpersonen im Rat abgestimmt hatte. Dabei hatte ihr auch ein fachkundiger Bürger geholfen, der sich schon seit längerer Zeit mit dem Thema beschäftigte und unter anderem auch die Informationsveranstaltung von Lars Klingbeil in Sottrum besucht hatte. "Das war eine gute Hilfe, denn die Formulierungen müssen präzise das beschreiben, wogegen man sich wendet, sonst bleiben Lücken offen", erläuterte Kleiber weiter.
Aus dem SPD-Entwurf und einem CDU-Änderungsantrag wurde schließlich noch vor der Ratssitzung textlich die Resolution zusammen gestellt. Die stellvertretende Bürgermeisterin Vera Kremer freute sich über die gemeinsame Resolution. Das Papier umfasse jetzt alles, was man zu diesem Thema zur Beurteilung wissen müsste, und adressiere es an Ämter und Abgeordnete. "Mehr können wir nicht tun. Aber mindestens sollen Konzerne wissen, die Fracking und Verpressung in unserer Region tun oder tun wollen, dass wir diese Praktiken hier nicht wollen und etwas dagegen tun."
Hier der Text der Resolution im Wortlaut:
„Sofortige Aussetzung von Fracking-Maßnahmen“
Der Rat der Gemeinde Bomlitz möge die folgende Resolution beschließen:
Aufgrund der möglichen Gefährdung von Grund und Boden, Grund- und Trinkwasser sowie der Trinkwasserqualität und -versorgung und weiterer latenter Gefährdungspotentiale für Mensch und Umwelt erhebt der Rat der Gemeinde Bomlitz erhebliche Bedenken gegen Fracking-Maßnahmen ("Hydraulic Fracturing"). Er fordert in unserer Region und in ganz Niedersachsen deshalb die sofortige Aussetzung von Fracking- und Verpressungsmaßnahmen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass bis zu einer Garantie der Langfristsicherheit keine weiteren Probebohrungen und Gasförderungen mittels Hydraulic-Fracking stattfinden.
Weite Teile der Gemeinde Bomlitz werden mit Trinkwasser aus dem Landkreis Rotenburg (Wümme) versorgt. Daher wird die Berücksichtigung der mit der Resolution erhobenen Bedenken im derzeitigen Fracking-Genehmigungsverfahren für die Bohrung Hemsbünde Z2 gefordert.
Darüber hinaus wird der Niedersächsische Landtag aufgefordert, auf Änderungen im Bundesberggesetz (Bergrecht) hinzuwirken:
* An Genehmigungsverfahren für Fracking- und Verpressungsvorhaben sind betroffene Kommunen als Träger öffentlicher Belange in Zukunft zu beteiligen.
* Umweltverträglichkeitsprüfungen werden vorgeschriebener Bestandteil für Genehmigungsverfahren zu Fracking- und Verpressungsvorhaben.
* In Genehmigungsverfahren zu Fracking- und Verpressungsvorhaben ist der Bedeutung des Trinkwasserschutzes höchste Priorität einzuräumen.
* Fracking und Verpressung in sensiblen Gebieten wie zum Beispiel in Trinkwasser-Gewinnungsgebieten oder Naturschutzgebieten sind mit einem Sicherheitsabstand von 500 m zu untersagen.
* Eine Gefährdung des Grund- und Trinkwassers durch die bei der Förderung von Gasvorkommen eingesetzten Chemikalien und Fracking-Abwasser ist zu verhindern.
* Es ist zu regeln, dass zu standardisierende Auflagen und Entsorgungspläne bezüglich Lagerstättenwasser, Frack- und Abwässer aus möglichen Produktionsstätten vorzulegen sind.
* Bei genehmigten Fracking-Verfahren anfallende Abwässer wie Frackwasser oder Lagerstättenwasser müssen aufgefangen, fachgerecht aufbereitet und sicher entsorgt werden. Abwässer dürfen nicht in Bohrungen zurückgepumpt werden.
* Für Ansprüche aus der Betreiberhaftung ist die Beweislast umzukehren. Ansprüche hieraus verjähren nicht.
* Die betroffenen Kommunen und die Öffentlichkeit sind umfassend zu informieren. Erdöl- und Erdgasförderindustrie sowie die Geothermiebranche sollen Informationen über bereits durchgeführte Frackingprojekte veröffentlichen.
* Darüber hinaus ist die im Rahmen der Erdgasförderung geübte Praxis mit folgenden Zielen zu verändern:
– eine Reinigung des Lagerstättenwassers an den jeweiligen Erdgasförderstellen und damit die Einstellung der Verpressung von Lagerstättenwasser.
– die Einstellung des Abfackelns von Erdgas.
– die komplette Sanierung aller kontaminierten Bereiche, z.B Rückbau Lagerstättenwasserleitungen.
– in Schadensfällen eine Beweisumkehrlast zu Gunsten der Geschädigten.
Die Verwaltung der Gemeinde Bomlitz wird beauftragt, dem Landkreis Heidekreis, dem Landkreis Rotenburg (Wümme), dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie in Niedersachsen, dem Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz des Landes Niedersachsen, dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Landes Niedersachsen sowie den örtlichen Landtags- und Bundestagsabgeordneten diese Resolution zur Kenntnis geben.
Die Abgeordneten und Verwaltungen werden aufgefordert, die Ziele der Resolution zu unterstützen.
Begründung:
Weite Teile der Gemeinde Bomlitz werden vom Wasserversorgungsverband Rotenburg-Land versorgt, der über zwei Wasserwerke insgesamt rund 55.000 Einwohner direkt und weitere 25.000 Einwohner indirekt versorgt. Geschützt wird das Grundwasser durch zwei Wasserschutzgebiete, in denen über 14 Brunnen aus ca. 180 Meter Tiefe Wasser aus der sogenannten Rinne entnehmen.
Das Fracking stellt eine große Gefahr für eben das Grundwasser dar: Umweltbeeinträchtigungen schon während der Vorbereitungsphase, der Bohrphase, während des Einbringens der wässrigen Flüssigkeit sowie während des Betriebs können auch bei Einhaltung hoher Sicherheitsstandards nicht sicher ausgeschlossen werden.
Bürgerinnen und Bürger sowie Wasserwerke und Wasserschutzbehörden wurden bislang nicht daran beteiligt, wenn in ihrem Umfeld Mineralölkonzerne mit Erprobungen zur Förderung von Erdgas- und Erdölvorkommen begonnen haben. Deshalb verunsichert Fracking oder auch die „unkonventionelle Förderung“ von Erdgas die Bevölkerung.
Zudem werden die eingesetzten Chemikalien zusammen mit dem Lagerstättenwasser herausgepumpt. Das hierdurch entstehende Abwasser enthält u.a. Biozide, Radionuklide, Schwermetalle und Kohlenwasserstoffe. Die Entsorgung erfolgt quasi vor unserer Haustür, z.B.
* im nur 19 Autominuten entfernten Grapenmühlen, in der Versenkbohrstelle der RWE-Dea AG bei Wittorf /Visselhövede,
* im Nahbereich zum Naturschutzgebiet „Grundloses Moor“ mit dem „Grundlosen See“, in der Versenkbohrstelle der Exxon Mobil im Bereich „Forsthaus Fulde“ in den Gemarkungen Ebbingen, Fulde und Sieverdingen, also im Raum Walsrode.
* Möglichen positiven Effekten für die Energieversorgungsicherheit in Deutschland stehen Risiken vor allem für das Grundwasser gegenüber. Es muss geklärt werden, ob und unter welchen Rahmenbedingungen die Fracking-Technologie in Deutschland verantwortet werden kann, bevor solche Projekte zugelassen werden.
* Weiterhin gibt es insbesondere folgende Bedenken:
– Beim Fracking werden unkontrolliert Risse in Gesteinsschichten gesprengt, durch die giftige oder salzige Flüssigkeiten oder Methangas ins Grundwasser gelangen. Trinkwasser müsste teuer gereinigt werden. Dies kann möglicherweise erst Jahre später auftreten.
– Die Fracks können Erdstöße auslösen, die an der Oberfläche zu Schäden führen.
– Bohrungen durch Grundwasserschichten können leck werden, so dass darüber das Grundwasser kontaminiert werden kann.
– An der Oberfläche können giftige Flüssigkeiten z.B. aus undichten Leitungen den Boden verseuchen.
– Die Verklappung der z.B. mit Schwermetallen wie Quecksilber belasteten Flüssigkeiten in unbenutzten Bohrungen birgt unkalkulierbare Risiken.
Der Rat der Gemeinde ist nicht grundsätzlich gegen die Erdgasförderung, es darf nur keine Gefährdung für Mensch, Tier und Umwelt geben. Weder jetzt noch in der Zukunft.